Die Freiwilligenverbände
Am 22. Juni 1941 begann Hitler den Angriff auf die Sowjetunion. Seine Verbündeten konnte er bewegen, am Krieg "als Kreuzzug gegen den Kommunismus" mit Verbänden von Divisions- bis Armeestärke teilzunehmen: Finnland, Rumänien, Italien, Ungarn und die Slowakei. Alle Truppen dieser Staaten behielten ihre nationalen Uniformen und wurden unter ihrem nationalen Kommando, wenngleich unter deutschem Oberbefehl (ausgenommen Finnland) geführt. Sie sind daher nicht Gegenstand dieser Ausführungen.
Innerhalb des Heeres wurden nach Beginn des Krieges gegen Russland Freiwilligenformationen aus einigen westeuropäischen Ländern aufgestellt. Außerdem dienten in deutschen Verbänden einzelne schwedische und schweizerische Staatsangehörige. Schließlich wurden seit Herbst 1941 osteuropäische Freiwillige in sehr großer Zahl eingestellt, zunächst als "Hilfswillige" in deutschen Verbänden, dann aber auch in geschlossenen Truppenteilen. Selbst Verbände von Indern und Arabern wurden in das Heer eingereiht. Alle diese Freiwilligen trugen deutsche Uniformen mit besonderen Kennzeichnungen der Herkunft.
Neben den zum Kampfeinsatz bestimmten Verbänden wurden in geringem Umfang auch Wach- und Sicherungsabteilungen und "Schutzmannschaften" aufgestellt.
Die Motive der Freiwilligen, für und mit Deutschland zu kämpfen, waren verschiedenster Art. Für viele waren Abneigung oder Hass gegen den Kommunismus der Beweggrund, der sie veranlasste, an dem von Deutschland propagierten "Kreuzzug gegen den Bolschewismus" mit der Waffe teilzunehmen. Andere glaubten durch einen Beitrag zu dem wenigstens anfangs erwarteten deutschen Sieg die Rolle ihres Landes in einem unter deutscher Vorherrschaft neugeordneten Europa stärken zu können. Viele Freiwillige, vor allem aus westeuropäischen Ländern, waren Anhänger der nationalsozialistischen Bewegungen ihrer Länder und somit ebenfalls Anhänger Hitlers. Die ungünstige wirtschaftliche Lage in den besetzten Gebieten mag ebenso eine gewisse Rolle gespielt haben wie manchmal auch Abenteuerlust. Viele russische Kriegsgefangene, insbesondere solche von nicht-russischen Volksgruppen, die sich von Stalin unterdrückt fühlten, glaubten, sich durch den Kampf auf deutscher Seite von der russischen Herrschaft befreien und eine künftige Selbständigkeit erkämpfen zu können. Zweifellos wurden auch viele Kriegsgefangene durch das Leben unter schwierigsten Bedingungen in deutschen Kriegsgefangenenlagern veranlasst, sich der deutschen Seite anzuschließen, weil sie damit aus den Lagern entlassen wurden.
Die Waffen-SS warb Freiwillige zunächst nur aus den sog. germanischen Ländern an und setzte sie in geschlossenen Verbänden ein. Ende 1944 übernahm sie die meisten der Freiwilligenverbände des Heeres, obwohl diese meist "nichtgermanischer" Herkunft waren. Die Gründe hierfür sind heute nicht mehr bekannt.
In einem Befehl des "General der Freiwilligenverbände im Oberkommando des Heeres" vom 20. 12. 1944 (I/E Nr. 20400/44 geh.) wurde eine Abgrenzung der "fremdvölkischen Verbände" zwischen Heer und Waffen-SS bekanntgegeben. Danach waren eingesetzt:
- beim Heer: Ostvölker (mit Ausnahmen), Ungarn, Italiener, Spanier, Slowaken, Kroaten, Litauer, Polen und Araber
- bei der Waffen-SS: Finnen, Esten, Letten, Kosaken, Ukrainer, Weißruthenen, Rumänen, Bulgaren, Norweger, Holländer, Belgier, Franzosen, Inder und der "Osttürkische Waffenverband >Harun al Raschid<"
Die überstellung an die Waffen-SS war teilweise nur nominell und ohne weitere Auswirkungen, was angesichts des Zeitpunkts nicht verwundert.
Die "Hilfskräfte" estnischer und lettischer Herkunft, die bisher teilweise in geschlossenen Verbänden des Heeres eingesetzt waren, wurden bereits mit Vfg. v. 21. 10. 1944 (OKW/AWA/W Allg. (llc) Nr. 565/44) an die Waffen-SS abgegeben. Die Litauer dagegen verblieben beim Heer.
Alle Freiwilligen wurden auf Hitler und zum Kampf gegen den Kommunismus vereidigt. Den Verbänden wurde deutsches Rahmenpersonal zugeteilt. Es sollte die Sprache des jeweiligen Verbandes beherrschen, was allerdings meist nicht oder nur ungenügend der Fall war. Bei Truppen unter nationaler Führung genügten deutsche Verbindungskommandos. Gliederung, Ausrüstung, Einsatzgrundsätze und Dienstgrade entsprachen deutschen Vorschriften. Doch waren Ausrüstung und Bewaffnung oft zweitklassig und Beutebeständen entnommen. Der innere Dienst, Ehrenformationen usw. wurde häufig nach den Bestimmungen und gemäß der Tradition der Armeen der einzelnen Ländern durchgeführt. Die Freiwilligen unterlagen den deutschen Gesetzen in jeder Hinsicht. Das deutsche Rahmen- und Verbindungspersonal war nicht immer zweckmäßig ausgesucht. Mangelnde Sprachkenntnis und fehlendes Einfühlungsvermögen in eine fremde Lebensweise erschwerten die Zusammen Arbeit teilweise erheblich. Die lange Propaganda der Parteiorgane gegen die "sowjetischen Untermenschen" wirkte sich in starken Vorbehalten, besonders bei Dienststellen im rückwärtigen Gebiet, und negativ vor allem gegenüber den osteuropäischen Freiwilligen aus. Auch die schließlich erlassenen Befehle über die Gleichstellung mit deutschen Soldaten in jeder Hinsicht konnten geprägte Verhaltensweisen nur wenig ändern.
(Quelle: "Die Deutsche Wehrmacht - Uniformierung und Ausrüstung Schlicht/Angolia ISBN3-613-01390-8)